Geschickte Verbindung verschiedener Lernformen an der Nelson-Mandela-Gesamtschule

 

Die Gesamtschule in Bergisch Gladbach setzt auf ein differenziertes Unterrichtskonzept, um ihrer heterogenen Schülerschaft gerecht zu werden. Dieses Konzept verzahnt verschiedene Lernformen wie individuelle Lernzeiten, Projektarbeit und Fachunterricht miteinander. Jurymitglied Monika Buhl schildert, wie die Schule diese Herangehensweise in der Praxis realisiert und so eine hohe Unterrichtsqualität sicherstellt.

„Ich sehe dich und nehme dich wahr – so wie du bist, wo du herkommst und wo deine Wege hingehen. Ich suche und ich finde eine Stärke und baue dies aus.“ Diese Aussage des Kollegiums beschreibt treffend die Haltung der Lehrer:innen der Nelson-Mandela-Gesamtschule. Ihre grundlegende Idee, als inklusive Schule ein „Haus des Lernens“ für alle zu sein, steht im Sinne einer Potenzialentfaltungskultur und Stärkenorientierung im Zentrum der schulischen Entwicklung.

Am Tag des Jurybesuches haben Schüler:innen der gymnasialen Oberstufe eine Ausstellung zum Thema Alltagsrassismus konzipiert und umgesetzt. Durch diese Ausstellung führen sie nun Schüler:innen der 6. Klasse, diskutieren mit ihnen die verschiedenen Aspekte von Rassismus und bieten Workshops zur Reflexion an, die sie empathisch und kompetent umsetzen. So setzen sich die älteren Schüler:innen nicht nur auf einem hohen fachlichen Niveau mit Rassismus auseinander, sondern lernen gleichzeitig die Herausforderungen der Organisation einer Lerneinheit für die Jüngeren und des Classroom Managements kennen.

Drei-Säulen-Modell rhythmisiert Lehr- und Lernprozesse

Das Ausstellungsprojekt zum Thema Rassismus entstand in einer Lerneinheit im Rahmen der Werkstattarbeit. Hier arbeiten die Schüler:innen fächer- und jahrgangsübergreifend sowie interessen- und problemorientiert zusammen. Die Werkstätten werden entsprechend des „Frei Day“-Ansatzes organisiert: Der Frei Day gehört in die Kernunterrichtszeit und ist ein Lernformat, in dem sich Kinder und Jugendliche mit aktuellen gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen beschäftigen. Um dies zu ermöglichen, geben einige Fächer anteilig Stunden (oder Deputat oder Deputatsanteile) an den Frei Day ab.

Die Werkstattarbeit ergänzt seit Kurzem das Drei-Säulen-Modell der Schule. Dieses besteht aus Instruktion im Fachunterricht, täglicher individueller Lernzeit und fächerübergreifender Projektarbeit. Damit hat die Nelson-Mandela-Gesamtschule ein Konzept entwickelt, mit dem sich die Lehr- und Lernprozesse sehr gut rhythmisieren lassen. Neben dem Fachunterricht und der individuellen Lernzeit ist mittlerweile auch für alle Jahrgänge das komplette Curriculum in die Projektstruktur integriert. Parallel dazu treibt das Kollegium die Entwicklung der Werkstätten voran.  

Das Drei-Säulen-Modell der Nelson-Mandela-Gesamtschule fördert selbstregulierte Lernprozesse. Durch die Verzahnung von Fachunterricht, individueller Lernzeit, Projekt- und Werkstattlernen unterstützt die Schule den Wechsel und das Spannungsfeld von Instruktion und Konstruktion. Gleichzeitig variiert sie die benötigte Zeit in den verschiedenen Lernformen. Im Fachunterricht reichen diese von einer Unterrichtsstunde bis zu einer längeren Lerneinheit. In der individuellen Lernzeit bearbeiten die Schüler:innen die Module zumeist in Lernphasen von zwei bis drei Wochen. Projekte werden in der Regel zweimal pro Schulhalbjahr angeboten.

Erfolgreiche Bildungsaufstiege

Die Nelson-Mandela-Gesamtschule ist eine noch recht junge Schule: Sie wurde vor zehn Jahren gegründet, startete mit einer 5. Klasse und wuchs dann nach und nach bis zur 13. Klasse auf. 2023 hat die zweite Schüler:innen-Kohorte das Abitur abgelegt. Die Ergebnisse sind überzeugend: Die Schule führt viele Schüler:innen, die nach der 4. Klasse eine Haupt- oder Realschulempfehlung erhalten haben, zur Hochschulreife. Dabei legt sie Wert darauf, die Jugendlichen beim Übergang von der Schule in den Beruf gut zu begleiten, und unterstützt deshalb beispielsweise gezielt Schüler:innen bei der Berufswahl, die nach dem Mittleren Schulabschluss die Schule verlassen.

Sich selbst beschreibt die Nelson-Mandela-Gesamtschule als Teamschule mit flachen Hierarchien, in der alle Kolleg:innen in unterschiedlichen Konstellationen intensiv zusammenarbeiten. Die enge Kooperation bringt Entlastung und schafft Synergien. Das Kollegium eint ein gemeinsames Verständnis von gutem Unterricht – alle ziehen an einem Strang. So können die Lehrkräfte einander vertrauen und sich auf die Qualität der Arbeit – zum Beispiel bei der Entwicklung von Lernmaterialien und Modulen – verlassen.

Zur Person

Monika Buhl ist Professorin für Schulpädagogik am Institut für Bildungswissenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.