Laudatio

Wer sein Kind an der Matthias-Claudius-Schule in Bochum anmeldet, meldet zugleich auch sich selbst an. Denn eines war an dieser privaten evangelischen Gesamtschule von Anfang an klar: Wer eine Schule für alle betreibt, bei der gemeinsamer Unterricht von Kindern mit und ohne Handicap Bestandteil des Schulkonzeptes und durchgängiges Unterrichtsprinzip in allen Klassen- und Jahrgangsstufen ist, benötigt entsprechende Ressourcen. Die tatkräftige Unterstützung vieler Eltern ermöglicht es der Schule, eine bedarfsgerechte Kooperation von Fachlehrerinnen und -lehrern sowie Sonderpädagoginnen und -pädagogen im gemeinsam verantworteten inklusiven Unterricht flexibel zu organisieren.

Unterstützung, Beteiligung und die Stärkung der Eigenständigkeit sind im rhythmisierten Ganztag an der Matthias-Claudius-Schule überall zu besichtigen: im differenzierenden Unterricht ebenso wie in den täglichen logbuchgestützten Lernbürozeiten, beim Erwerb von Lernzertifikaten ebenso wie beim Lernhelfersystem. Die auffallend achtsame, wertschätzende und anerkennende Kommunikationskultur dieser Schule beeindruckt und macht ihr zutiefst christliches Ethos anschaulich, und zwar unaufdringlich und glaubwürdig.

Mit ihrem integrativen Manifest, der Einrichtung einer Berufspraxisstufe, die Menschen mit Beeinträchtigungen programmatisch einen behutsamen Übergang von der Schule in die Arbeitswelt gewährleisten soll, sowie mit den Matthias-Claudius-Sozialwerken, die einen zweiten Arbeitsmarkt etablieren, legt die Schule den Finger in die Wunde der Frage sozialer Inklusion. Sie macht klar, dass Inklusion erst dann glaubwürdig wird, wenn die Frage von hinten her angegangen wird: Was brauchen Menschen, um ein eigenständiges Leben auf der Grundlage eigener Vorstellungen und eigener Berufstätigkeit leben zu können?

Preisträgerfilm aus dem Jahr 2018